Bilder zur Pfingstgeschichte zeigen Feuerflammen, die vom Himmel herab kommen. Rot, orange, gelb entflammen sie die an einem Ort versammelten Apostel. Bewegt von Gottes Kraft gehen sie hinaus und beginnen „die großen Taten Gottes“ zu verkünden. Am Pfingsttag, so erzählt der Evangelist Lukas in Apostelgeschichte 2, erfüllt Gott die Verheißung des Propheten Joel. Mit einem „Brausen vom Himmel“ und „Zungen, zerteilt und wie von Feuer“ kommt Gottes Geist über Jesu Jüngerinnen und Jünger und erfüllt sie. Junge und alte, Menschen aus vielen Völkern bewegt die Kraft vom Himmel. Sie hören und verstehen die Botschaft des Evangeliums in ihrer Sprache. Gottes Geist führt eine bunte, lebendige Gemeinde zusammen, die sich schon bald ausbreitet „bis an das Ende der Erde.“
Ein Mosaik aus vielen bunten Steinen ist in diesem Jahr für mich zu einem inspirierenden Bild für Pfingsten geworden. Im Garten von Kloster Frenswegen habe ich es in der Osterwoche entdeckt und fotografiert. Ich denke dabei an die Worte aus dem 1. Petrusbrief 2,5: „Lasst euch auch selbst als lebendige Steine zur Gemeinde aufbauen.“ Und sehe die vielfarbigen Mosaiksteine rund um die goldene Mitte, wohl ein Symbol für Gottes Licht und Kraft. Sie werden für mich zum Sinnbild der Kirche, die an Pfingsten rund um die Welt in vielen Sprachen auf Jesu Worte und Verheißungen hört, und seine Auferstehung verkündet. Da werden die vielen roten und gelben Glasstückchen vor meinen Augen zu Feuerflammen, die hellblauen zum offenen Himmel, der die Erde berührt, und die grünen zum Inbegriff der ganzen Schöpfung, die Gottes Geist erfüllt. In aller Verschiedenheit von Farbe und Form werden sie – bezogen auf die goldene Mitte – zu einer Einheit und nehmen wie diese die Vollkommenheit symbolisierende Gestalt des Kreises an. Der Apostel Paulus wünscht der christlichen Gemeinde im Römerbrief 15,13: „Der Gott der Hoffnung aber erfülle euch mit aller Freude und Frieden im Glauben, dass ihr immer reicher werdet an Hoffnung durch die Kraft des Heiligen Geistes.“
Vor gut zwei Jahren hat die Ausstellung „Farben des Lebens“ am ökumenischen Bildungshaus Kloster Frenswegen bei Nordhorn einen neuen Ort gefunden. Geschaffen wurde sie ursprünglich für eine Landesgartenschau in Bad Iburg. Rund um eine Waldkirche zeigten die acht Tafeln, welche Farben die Bibel kennt, welche Bedeutung sie hatten und heute für das Leben haben. Die Rosette in der Mitte gestalteten viele Besucherinnen und Besucher der Waldkirche mit Mosaiksteinchen aus bunten Kirchenfensterglas zu einem einmaligen Kunstwerk. „Unsere Kirchen sind so bunt und vielgestaltig wie die Menschen. Christliche Kirchen leben die Vielfalt der Menschen.“ Ulrich Hirndorf, Studienleiter von Kloster Frenswegen, fügte im Gespräch mit den Grafschafter Nachrichten über die neue Ausstellung hinzu: „Unser Kloster steht mitten in der Schöpfung Gottes. Hier wird der Wechsel der Jahreszeiten immer auch im Wandel des Lebens erfahren. … Die Tafeln und das Mosaik laden dazu ein, an diesem besonderen Ort einen Moment innezuhalten, eigene Stimmungen wahrzunehmen nach Gott und seinen Farben in unserem Leben zu fragen.“ Und Birgit Veddeler, Geschäftsführerin des Klosters, zeigt sich überzeugt: „Ich bin sicher, jeder Mensch hat seine ganz persönliche Farbe und doch sind wir immer auf der Suche, das Leben bunter zu machen.“
Das Bild der Farben für die pfingstliche Fülle des Lebens nehmen auch zeitgenössische Lieddichter auf:
„Wenn Licht in eine Träne fällt, dann wird der weiße Schein, der vorher nicht zu sehen war, voll buntem Leben sein.“
(Ralf Jasper, Befreit von Ängsten leben. Neue Oster- und Pfingstlieder, Nr. 21)
Vera Sabine Winkler übersetzt die biblische Pfingstgeschichte in die poetischen Worte:
„atemlied aus vielen mündern worte, sätze, fremd, vertraut.
sprechen bunt wie tausend blumen, sprechen leise, sprechen laut,
bis wir plötzlich jubelnd singen zu der menschenmelodie,
gotteslob in allen farben – näher rückt dies wunder nie.“
(Vera-Sabine Winkler, Befreit von Ängsten leben. Neue Oster- und Pfingstlieder, Nr. 18)
Frohe, von Farben, Licht und Gottes Geist erfüllte Pfingsten!
Ihr Christoph Melchior