Der Sonnengesang des Franz von Assisi
Sa, 3.9., 19 Uhr, Nachfolge-Christi-Kirche, Dietrich-Bonhoeffer-Straße, Bonn-Beuel-Süd
So 4.9. 17 Uhr Sankt Martin, Hauptstraße 8, Rheinbach
Ein großes Chorprojekt mit Band? Undenkbar in Zeiten von Corona, wenn man zu Beginn der Probenphase nicht abschätzen kann, ob die Aufführung überhaupt wird stattfinden können.
Da kommt das NEUSTART-Förderprogramm der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien ins Spiel – und ein bisschen Glück, die beantragten Fördermittel wurden genehmigt, die Finanzierung von Bandmitgliedern, Tontechnik und Chorcoaching ist gesichert.
Die Missa Gaia sollte es werden, eine jazzig-gospelige Messe des amerikanischen Saxophonisten Paul Winter rund um den Sonnengesang des Franz von Assisi, der Chor hat sie das letzte Mal 2017 auf der Weltklimakonferenz gesungen.
Der Jugendchor (die Right Side Singers) und der Erwachsenenchor („Haste Töne“) singend generationenübergreifend zusammen.
Laudato si’, mi’ signore, cun tucte le tue creature („Gelobt seist du, mein Herr, mit all deinen Geschöpfen“)
Wem fällt da nicht „das“ Lied ein? Geliebt, gehasst, abgedroschen und doch immer wieder neue Fans findend. Elton John’s „Crocodile Rock“ lässt grüßen, das Akkord-Schema ist das gleiche, auch wenn das Lied „Laudato si“ ursprünglich eher meditativ gemeint war und nicht als Lagerfeuer-Gute-Laune-Gassenhauer.
Was macht den Sonnengesang so besonders? Zum einen die Sprache: nicht in Latein, sondern in einem hochmittelalterlichen umbrischen Dialekt ist dieser Text verfasst und überliefert. Franz von Assisi war schon alt, als er ihn schrieb, im Frieden mit sich und seiner Umwelt. So soll die gesamte Welt mit in den Lobpreis Gottes einstimmen: Auch Sonne, Mond, Wind. Auch die Menschen, die sich gegenseitig verzeihen, dienen dem Lobe Gottes: Diese achte Strophe soll Franziskus geschrieben haben, als in Assisi ein Streit zwischen dem Bischof und dem Bürgermeister ausbrach. Dadurch sei der Konflikt beigelegt worden. Natürlich! Und die 9. Strophe (Schwester Tod) habe Franziskus gedichtet, als er spürte, dass er bald sterben werde.
Was die Missa Gaia (Messe für die Erde) so besonders macht, ist die Einbeziehung von Tierstimmen in das Lob der Schöpfung. Diese Tierstimmen werden von einer CD eingespielt, dienen aber nicht nur als atmosphärischer Background, sondern sind von Anfang an Teil der Komposition. Das Heulen einer hungrigen Wölfin wurde als Vorgabe für das Kyrie genommen: Die Töne der Wölfin werden von Instrumenten und vom Chor aufgegriffen und machen das musikalische Material aus. Die Buckelwale singen ein langgezogenes Halbtonmotiv, der Chor nimmt es auf und besingt so im Sanctus die Herrlichkeit, von der Himmel und Erde erfüllt sind – und die Meere auch, möchte man ergänzen.
Eine farbenfrohe Band mit Saxophon, Cello, Oboe, Drums, Percussion, E-Gitarre, Kirchenorgel und mehr sorgt für stilistische Vielfalt.
Die stilistische Vielfalt wird auch vom Chor verlangt: Schwindelnde Höhen wie in Beethovens Neunter, schwebende Gregorianik, deutsches Kirchenlied und druckvoller Gospelsound wechseln sich ab und verlangen vom Chor immer wieder neue Farben.
Durch die NEUSTART-Förderung konnte Ulrike Wahren als Vocal Coach ins Boot geholt werden: Von Detmold aus kommt sie via Zoom in die Kirche und erarbeitet mit dem Chor genau die stilistische Vielfalt, die er für dieses Stück braucht: Für jedes Genre die passende Stimmeinstellung – eine Herausforderung für den Chor. Ulrike Wahren hat klassischen Gesang studiert, anschließend eine Ausbildung zum CVT (Complete Vocal Technique) Coach gemacht und arbeitet als Lehrbeauftragte an der Hochschule für Musik Detmold. Sie ist in Musical, Jazz, Pop und klassischem Gesang gleichermaßen zu Hause – und davon profitiert der Chor. Die Musiker waren positive überrascht, als sie den Chor in der Generalprobe hörten!
Die Tierstimmen kommen von der CD – da bietet es sich an, außer den Geräuschen auch passende Bilder oder Videos abzuspielen. Die Einbeziehung von Flutkatastrophen-Videos aus dem Ahrtal hätte sich angeboten. Das Risiko der Retraumatisierung von der Flut betroffener Menschen schien aber am Ende zu hoch – so bleiben neben Noten zum Mitsingen (ganz pragmatisch) Raubbau, Fake News, Klimawandel, Flüchtlingskrise und die atemberaubende Schönheit der Erde Thema der Videos.
Das Ergebnis ist ein Konzert mit Musik, Bild und Teilen zum Mitsingen – ein rundes Gesamtpaket!
Es wirken mit
Chor „Haste Töne“
Jugendchor „Right Side Singers“
Voice Coaching: Ulrike Wahren
Christine Handke, Solo-Gesang
Berthold Wicke, Orgel
Oliver Schnarr, Sopransaxophon
Wolfgang Pohl, Oboe/Englisch Horn
Dietrich Kolk, Cello
Kristaps Grasis, Gitarre
Wendel Biskup, Bass
Töm Klöwer, Percussion
Martin Hombach, Schlagzeug
Hubert Arnold, Piano & Gesamtleitung